Spezialsprechstunde: Harnsteinsprechstunde
Dienstag 08:00 Uhr - 15:00 Uhr
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe eines Lebens einen oder mehrere Harnsteine zu bilden, beträgt in Deutschland ca. 4 %. Damit ist die Harnsteinerkrankung anderen Volkskrankheiten wie dem Diabetes mellitus vergleichbar. Die jährliche Neuerkrankungsrate beträgt in der Bundesrepublik Deutschland ca. 1,5 %. Auch ist ein deutlicher Anstieg der Häufigkeit der Harnsteinerkrankungen seit Ende der 80er Jahre nachweisbar. Eine Harnsteinerkrankung tritt bei Männern viermal häufiger als bei Frauen auf, dabei liegt der Altersgipfel bei Männern um das 35., bei Frauen im 30. und 55. Lebensjahr.
Voraussetzung für eine Harnsteinbildung ist die Übersättigung des Urins mit steinbildenden Substanzen. Vielfältige Risikofaktoren können die Entwicklung eines Harnsteinleidens begünstigen. Dazu gehören die Kochsalz- und proteinreiche Ernährung, insbesondere die hohe Zufuhr von tierischem Eiweiß, die Übergewichtigkeit, verschiedene Medikamente, die Immobilisation, rezidivierende Infekte des Harntraktes sowie hormonelle Störungen (z.B. Hyperparathyreoidismus), aber auch angeborene Stoffwechselstörungen, die zu einer verstärkten Ausscheidung von lithogenen Substanzen (wie Zystin oder Oxalsäure) im Harn führen.
Hinsichtlich der Zusammensetzung der Harnsteine unterscheidet man Kalziumoxalatsteine (ca. 70 % aller Harnsteine im Erwachsenenalter), Kalziumphosphatsteine (Karbonatapatit, Brushit), Infektsteine (Struvitsteine, Ammoniumuratsteine), Harnsäuresteine und Zystinsteine.
In der Diagnostik des Harnsteinleidens spielen bildgebende Untersuchungsverfahren eine dominierende Rolle. Vordergründig wird die Sonographie des Harntraktes eingesetzt, aber auch Röntgenuntersuchungen wie z.B. die Ausscheidungsurographie oder die Schnittbildverfahren (Computertomographie) kommen zum Einsatz. Urin- und Blutuntersuchungen runden nach Erhebung der Krankengeschichte und Durchführung einer klinischen Untersuchung die Basisdiagnostik beim Harnsteinleiden ab.
80 % der Harnsteine mit einer Größe bis maximal 4 mm können spontan abgehen, bei Konkrementen über 7 mm werden spontane Steinabgänge nur noch sehr selten beobachtet. Die konservative Therapie beinhaltet neben der spasmoanalgetischen medikamentösen Behandlung adjuvante Maßnahmen wie körperliche Bewegung, Physiotherapie (auch heiße Vollbäder) und eine entsprechende Flüssigkeitszufuhr. Bei massiven, medikamentös nicht beherrschbaren kolikartigen Beschwerden kann zeitweise eine Ureterschiene eingelegt werden, die den Urinabfluss aus der Niere gewährleistet und die steinbedingten Beschwerden deutlich reduziert.
Die Therapieverfahren beim Harnsteinleiden unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Invasivität. Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) ist eine minimal invasive Methode zur Behandlung der Urolithiasis. Die ESWL erfolgt ohne Narkose und ist (auch in Abhängigkeit der Lage des Harnsteines) mit einem sehr hohen Prozentsatz erfolgreich. Weiterhin zählen zu den minimal invasiven operativen Methoden die Harnleiterspiegelung mit Steinentfernung (Ureteroskopie, URS) und die perkutane Harnsteinentfernung aus der Niere (perkutane Nephrolitholapaxie, PNL). Durch die zunehmende Miniaturisierung der Instrumente (sogenannte Mini-PNL) gelingt es, ohne große Zerstörung von Nierengewebe die Harnsteine aus dem Nierenbecken zu entfernen. Die Harnleiterspiegelung als auch die perkutane Steintherapie können auch mit einer Zerkleinerung des Konkrementes (Lithotripsie, auch mit einem Laser) kombiniert werden.
Die offen-operative Harnsteintherapie spielt heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Sie wird meist in Kombination mit rekonstruktiven operativen Maßnahmen am Harntrakt (z.B. einer Nierenbeckenplastik) bzw. bei sehr großer Steinmenge/Steinlast eingesetzt.
Ein wichtiger und nicht zu vernachlässigender Bestandteil der Behandlung von Harnsteinpatienten ist die Metaphylaxe der Urolithiasis, das heißt die allgemeine und (je nach Steinanalyse) spezielle medikamentöse Therapie des Harnsteinpatienten. Das primäre Ziel besteht dabei in der Senkung der Konzentration steinbildender Substanzen im Urin. Dazu ist neben allgemeinen konditionierenden Maßnahmen (Gewichtsreduktion, ausreichende Trinkmenge (mind. 2,5 L am Tag), vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung, Bewegung u.a.) eine Stoffwechseldiagnostik (Sammelurinanalytik) notwendig. Eine sich daraus ergebende medikamentöse Therapie wird entsprechend den Stoffwechselwerten des Patienten individuell angepasst. Insbesondere die Behandlung von Harnsteinleiden, die aufgrund eines angeborenen Stoffwechseldefektes auftreten (z.B. Zystinsteinleiden), ist Schwerpunkt unserer Harnsteinmetaphylaxe-Spezialsprechstunde (s.o.).
Das Vorhalten aller dieser diagnostischen und therapeutischen Methoden wie auch die ambulante Harnsteinmetaphylaxe bildet einen Behandlungsschwerpunkt unserer urologischen Klinik.